Donnerstag, 14. Januar 2021
Ich räume auf. Weit bin ich nicht gekommen. Damit man bei Meetings im Home-Office nicht immer mein Bett ud meinen Kleiderschrank sieht, habe ich den Rechner umgedreht, Desktop mit schwerem Riesenbildschirm. Jetzt sitze ich eingequetscht zwischen Tisch und direkt hinter mir die Rauhfasertape. Ich hatte mal ein ähnliche Sitzsituation im Büro.

Während der kurzen Aufräumaktion habe ich vor allem meinen Plattenspieler sauber gemacht. Jetzt läuft Sign o' the times.

Die Arbeit war anstrengend, kurz nach Feierabend ein Anruf, weil ich mein Telefon permanent auf Smartphone umgestellt habe, der Mensch am anderen Ende nett aber etwas umständlich und unterschwellig immer etwas emotional. Mit netten, freundlichen Samthandschuhen und prompter Erledigung würde man am besten fahren, aber ich hatte sehr viel zu tun und ihr Anliegen war einfach nicht so wahnsinnig wichtig für mich. Reaktion am anderen Ende demenstprechen leicht angepisst.

Ich räume weiter auf, damit ich den zähen Nebel des Home-Office aus meinem Zimmer bekomme. Mir fällt ein Karton mit Dias in die Hände. Ich nehme eins und sehe hindurch, eine junge, sehr sympatische, attraktive Frau lächelt mich an. Meine damalige Freundin, ein Urlaubsbild. Was für eine großartige Zeit, was für großartige Erlebnisse und ich konnte sie damals nicht richtig genießen, heute könnte ich's.

Aber ich habe mich verändert, ich bin älter und in einem anderen Aggregatzustand. Nicht, dass Gleichaltrige automatisch den gleichen hätten. Jetzt wohnen wir Älteren auf anderen Planeten und ein Lächeln und eine Umarmung gibt uns, was wir brauchen.

Ich bin innerlich noch mehr gealtert als äußerlich. Nein, das stimmt so nicht. Das, was damals nicht genießen konnte, ist jetzt staubzerfallen.

Wenn meine Freunde (und meine zwanzig Jahre jüngeren Freunde) das lesen würden, hielten sie mich für verrückt.

Es ist eine Ich-habe-Nase-voll-Stimmung. Geht auch wieder weg.

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